Von Kindeswohl, Händlern und Handlangern

von Prof. Dr. Aris Christidis in Bündnis gegen Rechts Gießen

 

Gießen | Nicht nur das Internet, sondern auch die GZ sind Einrichtungen, deren demokratischer Charakter geeignet ist, die heute noch weltweit geltenden feudalistischen Strukturen aufzubrechen – oder zumindest offenzulegen. [1]

Unter dem Titel „Das Geschäft mit dem Kindeswohl“ war am Abend des 20.01.2013 in der GZ ein Artikel von Andrea Jacob erschienen [2], der sofort nach seinem Erscheinen eine Publizität erfuhr, wie sie für eine Stadt der Größe Gießens [3] ungeahnt ist: Bevor die ersten 24 Stunden vergangen waren, hatten über 700 Interessierte nicht nur den Artikel gelesen, sondern sich auch an einer aufgeregten Diskussion beteiligt. Es war spektakulär, den Zuwachs der Lesenden zu beobachten. Meldungen erreichten die Autorin, daß ihr Artikel von Vereinen und Bürgerinitiativen in der ganzen Republik herumgereicht worden war. Buchstäblich über Nacht bot die GZ Lesestoff in der Schweiz und für Deutschsprechende in England und Frankreich; freundliche Anfragen kamen aus Polen, ob eine Übersetzung erlaubt sei, denn schon das deutsche Original hatte dort Aufsehen erregt: Zu viele repatriierte Betroffene und Angehörige von hierzulande lebenden Zeugen fanden sich in den Schilderungen des Artikels wieder.

Kaum 60 Stunden nach dem Hochladen des Artikels, am Vormittag des 24.01.2013, konnte man den Anstieg im zweiten Tausend plötzlich nicht mehr verfolgen: Auf den Mausklick folgte nur noch die Meldung: „Fehler: Seite nicht gefunden (ERROR 404)“. Auf Emails reagierte die GZ-Redaktion nicht. Leser erhielten keine Antwort.

Hier beginnt die erste Folge eines Krimis, der noch nicht zu Ende ist.

Andrea Jacob ist in Fachkreisen keine Unbekannte:
Untersuchungen und Studien der Diplom-Psychologin, die mit Kindern und Erwachsenen therapeutisch arbeitet, haben in den letzten Jahren bundesweit und in Österreich für Furore gesorgt. Eine bald dreistellige Anzahl von Prozessen (zumeist Familienverfahren) sind auf der Grundlage ihrer Stellungnahmen neu aufgerollt und nach Gesetzes- (nicht nach Geschäfts-) Lage neu entschieden worden. Mindestens eine Empfehlung für die kosmopolitische Hessin, deren Wege bisher nur nach Norden und nach Übersee geführt hatten, stammen lt. Angaben von Hilfesuchenden von jemandem, dem sie nie begegnen konnte: von Christian Ude, dem Hoffnungsträger vieler Anhänger eines Wechsels bei den Bayern-Wahlen im September 2013.
Angebote Psychologischer Fakultäten diverser Universitäten, ihre Erfahrungen auszuwerten und der Wissenschaft in Form einer Doktorarbeit zur Verfügung zu stellen, konnte Jacob bislang nicht annehmen: Zu viel und zu verantwortungsvolle Arbeit lastet weiterhin auf ihr.
Auch politisch ist die ehemalige Kreistagsabgeordnete mehrfach „unangenehm aufgefallen“; dem Vernehmen nach führte u.a. eine Anzeige von ihr dazu, daß ab 2009 u. a. die Sanitäterin eines vom Jugendamt Vogelsbergkreis beauftragten Freien Trägers keine psychiatrischen Diagnosen mehr stellen durfte – wobei nicht bekannt ist, ob die bis dahin begangenen Verstöße gegen das Heilpraktikergesetz jemals geahndet wurden.

Auf Nachfrage konnte Jacob die telefonische Antwort der GZ-Redaktion wiederholen: Der Text sei wegen eines Anrufs entfernt worden. Es habe einen Hinweis gegeben, daß Persönlichkeitsrechte verletzt und schwebende Verfahren tangiert worden seien. Näheres (insb. die Identität des Anrufers) wollte die Redaktion nicht nennen. Doch dies sollte sich schlagartig ändern:

Jacob versuchte gewissenhaft, vor Ungemach all jene zu warnen, die ihren Artikel auf ihre Blogs und Websites übernommen hatten (sofern sie davon wußte) – und da passierte das kriminalistisch Unglaubliche: Während des Gesprächs mit dem Verantwortlichen der „Sozialenergie“, Uwe Kirchhoff, [4] klingelte sein Telefon, und die Psychologin wurde unbeabsichtigt zur Zeugin psychologischen Drucks, über den sie sonst nur aufgrund von Zeugenaussagen in ihren Gutachten berichten konnte:
Eine Dame, die sich am Telefon als „Frau Djidonou von der Stabsstelle Recht des Landkreises Gießen“ meldete, verlangte die unverzügliche Entfernung des Textes. Persönlichkeitsrechte, Kindeswohl und ein schwebendes Verfahren seien davon betroffen. Zudem sei auf einer der Anlagen zum Artikel der Briefkopf des Landkreises zu sehen. Sie kündigte eine Unterlassungsklage an. Kirchhoff habe daraufhin um eine schriftliche Aufforderung unter Angabe von Gründen gebeten. In einer schriftlichen Erklärung [5] warnt er die journalistisch Tätigen davor, „sich (…) im vorauseilenden Gehorsam hier zu unterwerfen“.
Ob als Reaktion darauf oder nicht: Inzwischen kursiert Jacobs Artikel durch die Lande: Neben Solidaritätsadressen der Mütterlobby e. V., Familieninitiative u.v.m. erreichten die Autorin Hinweise, wo ihr Artikel überall hochgeladen wurde; der Katalog ([6] [7] [8] [9] [10]) wächst nahezu stündlich, eine Rücknahme zum Persönlichkeitsschutz einzelner Amtsträger scheint schon mehr als fraglich.

Besondere Aufmerksamkeit verdient freilich die Gesamtwürdigung der Angelegenheit:
Ein Artikel über die mutmaßliche Selbstbedienung von Freien Trägern der Jugendhilfe aus den Töpfen der Sozialpolitik löst amtliche Aktivitäten der beauftragenden Kommunen aus – jedoch nicht etwa zur Ermittlung eventueller Mißbräuche, sondern zur Unterlassung der Berichterstattung.
Der alte Cicero hätte wohl an den Landkreis Gießen die Frage gestellt: Wem nützt („Cui bono?“) der Verzicht auf Hinweise zu möglicher Korruption? Solche Fragen führten auch zu seinem gewaltsamen Tod; das war aber ein Jahrtausend vor der Gründung Gießens.

In seiner Pressemitteilung Nr. 032 vom 25.01.2013 [11] wies das Statistische Bundesamt darauf hin, daß die Kinder- und Jugendhilfe schon 2011 Ausgaben in Höhe 30,5 Milliarden Euro ausmachte. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr (2010) betrug 5,7%. Das neutrale Amt schreibt darin über den Umfang von „Maßnahmen“; andere sprechen im selben Zusammenhang von einem „Markt“.

P.S.: Ob Personen, die (wie Frau Djidonou) als Amtsträger handeln, Anonymität beanspruchen können, wäre auch für den Unterzeichner interessant: Vorlesungen hinter Kapuze und Sonnenbrille bei entstellter Stimme, Benotung „von unbekannt“ wären eine Innovation im hessischen Öffentlichen Dienst, ebenso wie das Schwärzen von Hochschul- und Professoren-Namen auf Diplomen und Promotionsurkunden, bevor sie für Bewerbungen verwendet werden dürfen.

[1] Man könnte sich z.B. fragen, wieso trotz Gewaltenteilung nur eine der drei Staatsgewalten vom Volk wählbar ist, weshalb Abgeordnete nur ihrem Gewissen (statt dem Wohl des Volkes) verpflichtet sind, warum Regierungsmitglieder gleichzeitig Abgeordnete sein dürfen – oder dies auch besser unterlassen.
[2] http://www.giessener-zeitung.de/giessen/beitrag/75492/das-geschaeft-mit-dem-kindeswohl/
[3] In Gießen leben dauerhaft kaum 20.000 Familien; bei einem Bevölkerungsanteil der hiesigen Studierenden der beiden Hochschulen von ca. 40% beträgt die Einwohnerzahl knapp 77.000.
[4] http://sozialenergie.de/das-geschaft-mit-dem-kindeswohl.html
[5] http://sozialenergie.de/zur-aufforderung-des-lk-giesen-das-geschaft-mit-dem-kindeswohl-offline-zu-nehmen.html
[6] http://sozialenergie.de/das-geschaft-mit-dem-kindeswohl.html
[7] http://www.vaeter-fuer-gerechtigkeit.de/component/content/article/1-aktuelle-nachrichten/431-das-geschaeft-mit-dem-kindeswohl.html#comments
[8] http://cgconsult.jimdo.com/2013/01/25/kindeswohl-ist-kiindesleid
[9] http://derhonigmannsagt.wordpress.com/2013/01/22/das-geschaft-mit-dem-kindeswohl/
[10] http://gagmbh.de/DasGeschaeftmitdemKindeswohl.html
[11] https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2013/01/PD13_032_225.html